Bericht 2025: Die Lage der rückeroberten Betriebe

Der Jahresbericht 2025 über die Lage der rückeroberten Betriebe in Argentinien ist herausgekommen. Im Bericht, unter anderem von der „Offenen Fakultät“ der Universität von Buenos Aires herausgegeben, werden einige besorgniserregende Tendenzen deutlich, aber auch die Tatsache, dass die Bewegung noch immer sehr lebendig und bedeutsam ist.

Der ganze Bericht und eine Zusammenfassung können auf der Webseite der Offenen Fakultät heruntergeladen werden (auf Spanisch).

Es folgt eine deutsche Übersetzung der wichtigsten Daten (hier das Original auf Spanisch).


Bericht 2025 des Programms Facultad Abierta

Fakultät für Philosophie und Geisteswissenschaften,
Universität Buenos Aires

Die rückeroberten Betriebe unter der Regierung Milei
Krise und Widerstand der selbstverwalteten Arbeit

Einige Schlüsseldaten:

  • Die von ihren Arbeiter:innen zurückeroberten Betriebe (ERT) zählen mit Stand August 2025 398 im ganzen Land und beschäftigen 13.812 Arbeiterinnen und Arbeiter. Damit zeigt sich die Lebendigkeit der argentinischen Erfahrung der Selbstverwaltung trotz eines politischen und wirtschaftlichen Umfelds, das für selbstverwaltete Arbeit ungünstig ist.
  • 42 % (170 Fälle) befinden sich in der Provinz Buenos Aires und 17 % in der Hauptstadt (CABA, 68 ERT). Zusammengenommen machen das Ballungsgebiet AMBA 47 % der Gesamtzahl (189 ERT) aus. In den übrigen Landesteilen stechen die Provinzen Santa Fe (33 Fälle), Córdoba (24), La Rioja (17), Entre Ríos (11) und Chubut (10) hervor. Nur drei Provinzen – Salta, Santa Cruz und Catamarca – haben keine ERT.
  • 62,8 % sind Industriebetriebe, unter denen besonders Metallbetriebe (63 ERT), Lebensmittelbetriebe (55), Textilbetriebe (40), Druckereien (39) und Schlachthöfe (22) hervorzuheben sind. Unter den Dienstleistungsbetrieben dominieren Medien (21), Gastronomiebetriebe (19) und Schulen (17), zusammen mit einer großen Vielfalt anderer Tätigkeitsbereiche. Metallbetriebe, die 2004 noch 30 % aller ERT ausmachten, haben im Laufe der Zeit ihren relativen Anteil auf etwas über 15 % verringert, was auf eine stärkere Diversifizierung der zurückeroberten Betriebe hinweist.
  • Die Zahl der ERT ist gegenüber dem Höchststand von 430 im Jahr 2021 gesunken, mit mehr Schließungen als Neugründungen in den letzten fünf Jahren. Seit Beginn der Pandemie haben die ERT insgesamt etwa 1.000 Arbeitsplätze verloren, was 6,5 % der zuvor bestehenden Stellen entspricht.
  • Seit dem Amtsantritt von Präsident Javier Milei wurden nur 3 ERT neu gegründet, mit insgesamt 21 Beschäftigten.
  • Dies bedeutet einen Bruch mit dem Muster, das sich in der Krise von 2001 etabliert hatte – dem Wachstum der Bewegung der Rückeroberung geschlossener oder bankrotter Unternehmen durch Kollektive von Arbeiter:innen. Diese rückläufige Tendenz hat sich jedoch bereits seit der Regierung Mauricio Macri (2016–2019) abgezeichnet. Obwohl betriebliche Konflikte und Unternehmensschließungen weiter zunehmen (mit einem Verlust von zwischen 12.000 und 16.000 KMU seit Dezember 2023), hat sich der Weg der Rückeroberung über Kooperativen bislang nicht als Ausweg aus der Situation etabliert.

Einige Daten aus Interviews mit einer Stichprobe von 34 ERT aus verschiedenen Provinzen:

  • Der durchschnittliche Produktionsrückgang beträgt 40 %, mit Spitzen von bis zu 80–90 %.
  • 44 % geben an, Arbeitsplätze abgebaut zu haben. Der Verlust liegt bei rund 6,5 % der Beschäftigten in den ERT im Vergleich zu 2023.
  • 62 % der ERT konnten die Löhne ihrer Beschäftigten nicht an die Inflation anpassen. Der Einkommensrückgang der Arbeiter:innen liegt im Durchschnitt bei 40 %.
  • In 74 % der ERT mussten Arbeiter:innen Nebentätigkeiten aufnehmen, um ihr Einkommen zu sichern, insbesondere über Plattformarbeit (Gig-Economy). Diese Situation konzentriert sich jedoch vor allem auf große städtische Zentren.
  • Die Folgen der Mehrfachbeschäftigung für die Kooperativen sind erheblich: Arbeitsmüdigkeit, Fehlzeiten, Unpünktlichkeit und ein Rückgang des Engagements für die Selbstverwaltung.
  • Rückgang des Konsums, Kostensteigerung und Dollarisierung, Marktverluste durch Importe, Schließung von Unternehmen derselben Wertschöpfungskette, steigende Tarife und die nahezu vollständige Zerstörung staatlicher Programme zur Förderung der selbstverwalteten Arbeit (vor allem auf nationaler Ebene) werden am häufigsten als Ursachen für diese Situation genannt.
  • Obwohl 54 % angeben, noch irgendeine Verbindung zu staatlicher Politik zu haben, handelt es sich dabei meist um provinciale oder kommunale Programme oder um den reduzierten Fortbestand einzelner Zuschüsse oder Sozialpläne. Nahezu alle nationalen Programme zur Unterstützung und Förderung der selbstverwalteten Arbeit wurden von der Regierung Javier Milei abgeschafft.

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