Soli-Kampagne für zurückeroberten Betrieb Nueva Era

Start der Solidaritätskampagne für den zurückeroberten Betrieb Nueva Era

Vom Internationalen Solidaritätskomitee für Selbstverwaltung in Argentinien rufen wir zu einer internationalen Solidaritätskampagne mit dem zurückeroberten Betrieb Nueva Era auf – einem von nur drei Betrieben, denen es gelungen ist, unter der Regierung des ultrarechten Javier Milei in Argentinien einen Prozess der Selbstverwaltung und Wiederinbetriebnahme ihrer Fabrik zu beginnen. Der Aufruf besteht in der Spende für einen Solidaritätsfonds, der notwendig ist, um die Maschinen wieder instand zu setzen sowie Ersatzteile und Betriebsmittel zu kaufen, damit die Produktion aufgenommen und die endgültige Wiederherstellung der Arbeitsplätze der beteiligten Arbeiter:innen möglich wird.

Die Arbeiter der Druckerei Nexo, einer in der Stadt Buenos Aires gelegenen Druckerei, sahen sich Anfang 2025 mit der Schließung ihres Betriebs konfrontiert, in der einige von ihnen bereits jahrzehntelang gearbeitet hatten. Angesichts der angekündigten Schließung des Unternehmens aufgrund des industriellen Desasters, der durch Mileis Politik ausgelöst wurde, entschieden sich die Arbeiter für den Weg der Selbstverwaltung. Da das Gebäude, in dem das Unternehmen tätig war, vom Eigentümer gemietet wurde, beschlossen sie, in die Räumlichkeiten eines anderen solidarisch unterstützenden, zurückeroberten Betriebs umzuziehen: der Gráfica Patricios im Stadtteil La Boca in Buenos Aires.

Die Arbeiter gaben ihrer neuen Genossenschaft den Namen Nueva Era („Neue Ära“) und begannen den schwierigen Weg der Selbstverwaltung in einem äußerst ungünstigen Kontext unter der Regierung Mileis. (Über die Situation der zurückeroberten Betriebe unter Milei kann man im Bericht des Programms Facultad Abierta der Universität Buenos Aires lesen: https://recuperadasdoc.com.ar/).

Obwohl die ursprüngliche Belegschaft größer war, gründete sich die Genossenschaft zunächst mit sieben Arbeitern, die sich die Aufgabe stellten, den Betrieb wieder aufzubauen, um später die übrigen (insgesamt 15) wieder beschäftigen zu können.

Dafür ist es entscheidend, auf internationale Solidarität zu setzen – sowohl um die notwendigen Mittel zu sammeln, als auch um zu zeigen, dass selbst in Zeiten, in denen kapitalistische Gier und rechte Niedertracht zur Norm zu werden scheinen, die Arbeiter:innenklasse ihre Tradition der Solidarität und des Kampfes für eine gerechtere und gleichberechtigtere Gesellschaft bewahrt. Und nichts repräsentiert diese Bestrebungen besser als die Selbstverwaltung.

Über die Produktivgenossenschaft Nueva Era

Die Genossenschaft Nueva Era ist eine in den letzten Monaten von ihren Arbeiter:innen zurückeroberte Druckerei, nachdem die Krise das mittelständische Unternehmen Nexo in den Bankrott getrieben hatte. Mit Unterstützung anderer Genossenschaften, Gewerkschaften und Verbände produziert Nueva Era bereits wieder an einem neuen Standort: „Wir vertrauen darauf, dass wir in kurzer Zeit wieder auf die Beine kommen werden.“

Die Genossenschaft Nueva Era entstand aus einer Reihe von Krisen, die im Bankrott von Nexo Industria Gráfica SRL gipfelten. „Ab den Jahren 2016–17 ging es langsam bergab. Wir arbeiteten viel für Unternehmen, die nach und nach alle ihre Produkte ins Internet verlagerten, und wir produzierten immer weniger.“

„Als die Regierung von (Javier) Milei kam, wurde alles noch schlimmer, und es wurde kaum noch etwas produziert. Im Jahr 2023 bestand unsere größte Produktion aus den Wahlzetteln der vorherigen Wahlen“, fasste Luis Serapio, Präsident von Nueva Era, zusammen.

Also haben wir unter uns Kollegen gesprochen und verstanden, dass wir zwei Optionen hatten: die Fabrik übernehmen oder weiterhin stillhalten.


Neben den wirtschaftlichen Krisen erlitt das Unternehmen auch einen schweren Rückschlag: „Eine Maschine fing Feuer, und beinahe brannte die ganze Fabrik nieder. Wir hielten so lange durch, wie wir konnten, erhielten aber nur halben Lohn. Wir wollten mit dem Eigentümer sprechen, aber er hat uns immer abgewiesen; also haben wir unter uns Kollegen gesprochen und verstanden, dass wir zwei Optionen hatten: die Fabrik übernehmen oder weiterhin stillhalten.“

In diesem Kontext verhandelte die Belegschaft mit dem Eigentümer einen Ausweg und konnten einen Teil der Maschinen übernehmen, mit denen sie die Kooperative gründeten. Serapio erklärte dazu:
„Wir arbeiteten die letzten Monate ohne Bezahlung, und im vergangenen Jahr, kurz vor Weihnachten, sagten wir dem Eigentümer, er soll eine Entscheidung treffen. Er sagte, dass er schließen werde. Wir erklärten ihm, dass wir vorhatten, eine Genossenschaft zu gründen, und verhandelten.“

Unterstützung durch den genossenschaftlichen und gewerkschaftlichen Sektor

Die Entstehung von Nueva Era wurde solidarisch vom genossenschaftlichen und gewerkschaftlichen Sektor unterstützt. Einerseits half die Gewerkschaft Federación Gráfica Bonaerense (FGB) mit Beratung und beim Transport der Maschinen; die Genossenschaft Gráfica Patricios bot einen Platz an – auf Grundlage einer „mündlichen Vereinbarung“ – und ist mittlerweile Mitglied des Dachverbands Föderation der selbstverwalteten Kooperativen der Republik Argentinien (FEDECARA).

„Wir behielten eine Reihe von Maschinen und fingen damit an. Die Vereinbarung mit Gráfica Patricios lautet, dass sie uns keine Miete berechnen und wir ihnen bei anfallenden Arbeiten helfen. So konnten wir die Genossenschaft aufbauen“, erzählte Serapio.

Mit sehr begrenzten Mitteln führte Nueva Era eine Tombola durch, um die Installation der Maschinen zu finanzieren.
„Die Falzmaschinen laufen bereits, und mit diesen wenigen Mitteln überleben wir – mit großer Unterstützung unserer Familien.“ So konnten sie im Juli 2025 „die Maschinen wieder in Gang setzen“.

„Im Moment haben wir Lust zu arbeiten und wollen schaffen, das es vorangeht, trotz der wirtschaftlichen Rezession. Mit unserem Willen und der Unterstützung, die wir haben, bauen wir die Genossenschaft Schritt für Schritt auf. Wir sind zuversichtlich, dass wir in kurzer Zeit wieder auf die Beine kommen werden“, betonte Serapio.

Wir kämpfen schon sehr lange, aber das nimmt uns nicht die Motivation, weiterzumachen

Abschließend sagte er: „Diese letzten zwei Jahre waren sehr hart für uns – besonders die letzten sechs Monate. Wir kämpfen schon sehr lange, aber das nimmt uns nicht die Motivation, weiterzumachen. Wir sind froh über das, was wir aufbauen, und die Unterstützung, die wir erhalten.“

Wie man helfen kann

Das Internationale Solidaritätskomitee organisiert eine Spendenkampagne, mit dem Ziel, 15.000 € zu sammeln, um die Inbetriebnahme der Maschinen fertig zu stellen, Materialien für den Produktionsstart und Ersatzteile für beschädigte Komponenten zu kaufen.

Dazu können einzelne oder kollektive Spender:innen sich an die Mitglieder des Komitees in ihren Ländern wenden oder direkt Beträge (ab 10 € für Einzelspender) auf das Konto der Fundación Gráfica Campichuelo überweisen. Diese Stiftung gehört zu einem weiteren, zurückeroberten Unternehmen aus dem Grafiksektor, das der Föderation der selbstverwalteten Kooperativen der Republik Argentinien (FEDECARA) vorsitzt.

Um die Spenden zu identifizieren, anzuerkennen und den Arbeiter:innen von Nueva Era mitteilen zu können, bitten wir darum, jede Spende an die E-Mail-Adresse solidaridadERT@proton.me zu melden.

Konto für direkte Spenden an die Fundación Campichuelo (Argentinien):

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